Die Bahá’í in Belgien: eine weltumfassende Gemeinde

Es gibt derzeit etwa 7 Millionen Bahá’í auf der Welt, die in 194 Nationen leben. Sie kommen aus jedem möglichen sozialen, kulturellen, ethnischen und wirtschaftlichen Hintergrund, und bilden vielleicht die vielseitigste und global umfassendste Gemeinde in der Geschichte des Planeten. Gleichzeitig gibt es weitere Millionen Freunde der Sache, die sich aktiv mit ihren Werten identifizieren, ihre Ziele teilen und den gleichen Pfad spirituellen Wachstums und Dienstes gewählt haben.

Obgleich Belgien in den späten 1920er Jahren mit dem Bahá’í-Glauben in Berührung kam, als mehrere Mitglieder der Esperanto-Bewegung, die zufällig Bahá’í waren, im Jahre 1927 an einer Konferenz in Antwerpen teilnahmen, waren die ersten Gläubigen, die hier lebten, iranische Studenten, die in den Jahren, die unmittelbar dem zweiten Weltkrieg vorangingen, an der Universität studiert hatten. In der Nachkriegszeit begannen Pioniere des Glaubens , sich hier anzusiedeln, und die erste Gemeinde in Brüssel wurde im Jahre 1948 gebildet.

In den Jahren 1959, 1960 und 1961 wurden die ersten örtlichen Geistigen Räte in Antwerpen, Liege und Charleroi gebildet, und der erste Nationale Geistige Rat der Bahá’í in Belgien wurde 1962 gewählt. Heute zählt die Bahá’í-Gemeinde Belgiens 400 Mitglieder und repräsentiert alle drei Sprachgruppen, nämlich die französisch, flämisch und deutsch sprechenden Einwohner.

EIN GESCHICHTLICHER ABRISS
Die Anfänge (1817 – 1844)

Der Bahá’í-Glaube entstand in Persien (heute als Iran bekannt) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, zu einer Zeit, da eine starke Strömung messianischer Erwartungen auf der ganzen Welt existierte, nicht nur in christlichen Gemeinden, sondern auch in der islamischen Welt, wo Gelehrte und Mystiker den Mahdi erwarteten, eine heilige Gestalt, die den Islam reinigen und auf die Wiederkunft Christi vorbereiten sollte. Einer dieser Gelehrten war ein Theologiestudent mit Namen Mullah Husayn. Er war sich dessen so sicher, dass die verheißene Zeit gekommen war, dass er Persien kreuz und quer durchsuchte, bevor er eines Nachmittags an den Toren der Stadt Schiras anlangte. Dort begrüßte Ihn ein freundlicher und charismatischer junger Kaufmann aus dieser Stadt, der einen grünen Turban trug (diese bedeutete die direkte Abstammung vom Propheten), und der ihn zu erwarten schien.

EIN GESCHICHTLICHER ABRISS 
Der Báb (1819 – 1850)
„Gibt es einen Befreier von Schwierigkeiten außer Gott? Sprich: Gelobt sei Gott! Er ist Gott! Alle sind Seine Diener und alle befolgen Seine Gebote!“
—The Báb

Dieser junge Mann, Ali Muhammad Shirasi, sollte bald in ganz Persien und im Iraq als der Báb bekannt werden, das bedeutet das Tor, und Mullah Husayn wurde der erste seiner achtzehn engen Jünger. Weil diese neue Religion die bequemen, fest verankerten Doktrinen der Zeit erschütterte, in dem sie korrupte Praktiken und Aberglauben als das entlarvte, was sie wirklich waren, wurden die Babis bald zu Ziel erbitterter Verfolgungen von Seiten der muslimischen Geistlichkeit. Der Báb wurde unter Hausarrest gestellt, woraus sich schnell eine unbegrenzte Gefängnisstrafe entwickelte.

Dies vergrößerte jedoch nur Seinen Ruhm und das Ausmaß an Respekt, das Ihm sogar von Seinen Kerkermeistern entgegengebracht wurde. Nach ausgedehnten Aufenthalten in Festungsgefängnissen im ganzen Lande – einer erfolglosen Maßnahme, um Ihn von Seinen Anhängern zu trennen, Seinen Einfluss einzuschränken und Ihn zu zwingen, alles zu widerrufen – wurde der Bab in Abwesenheit und ohne jegliches Recht auf Verteidigung oder einen fairen Prozess „verurteilt“ und heimtückisch von einem Exekutionskommando auf dem Kasernenhof von Täbris hingerichtet. Er war 31 Jahre alt.

EIN GESCHICHTLICHER ABRISS 
Bahá’u’lláh (1817 – 1892)

 Der prophetische Begründer des Bahá’í-Glaubens, Bahá’u’lláh, wurde als Mirza Husayn Ali 1817 in Teheran geboren. Sein Vater war Minister am Hofe des Schah, und es war beabsichtigt, dass Mirza Husayn Ali ihm in dieser Position nachfolgen würde. Seit frühester Jugend wurde Er weit und breit bewundert für Seine Intelligenz, die Süße Seines Charakters und Seine Fähigkeit, selbst die abstrusesten Probleme zu lösen.

Selbst die ihn umgebenden Respektspersonen suchten Seinen Rat in schwierigen Fragen. Er zeigte jedoch als junger Mann weit mehr Interesse an geistigen Fragen, der Schönheit der Natur und dem Wohlergehen der Armen und Unterdrückten, als an den Taten der Staatsmänner oder der Politik seiner Zeit.

Als der Báb Sich erklärte, war Bahá’u’lláh sofort davon überzeugt, dass Er der Wahrhafte Gottes war, und wurde, ohne Ihm je begegnet zu sein, Sein glühendster Anhänger. Im Jahre 1853, drei Jahre nach der verräterischen Hinrichtung Seines Herrn, führte eines der vielen Progrome gegen die Anhänger des Báb dazu, dass Mirza Husayn Ali, Den die Gläubigen begonnen hatten, die „Gesegnete Schönheit“ zu nennen, auch eingekerkert wurde.

Es war während dieser harten Zeit der Einkerkerung in den Verliesen des Schah, dass Er die göttliche Offenbarung empfing, die Ihn unter allen Menschen auswählte als den Großen Lehrer, den der Báb vorausgesagt hatte, als den Verheißenen aller Religionen. Er sagte zu niemandem etwas über diese Offenbarung, aber viele bemerkten eine gewaltige Veränderung an dem Einen, Den sie bald als ihren Verteidiger und Beschützer betrachten sollten. Zehn Jahre sollten vergehen, bis sich Bahá’u’lláh der verbannten Bábi-Gemeinde in Bagdad als Manifestation Gottes für diesen Tag offenbaren würde, dazu bestimmt, die ganze Menschheit in einer Familie und einem Glauben zu vereinen. Seit dieser Zeit wurde Er als Bahá’u’lláh angesprochen, was die „Herrlichkeit Gottes“ bedeutet.

Eine Zeit der Verfolgung und des Exils hatte nun für Bahá’u’lláh, Seine Familie und Seine Gefährten begonnen, die sie vom Iran nach Bagdad Im Irak, dann nach Konstantinopel, der Hauptstadt des ottomanischen Reiches, und schließlich in die Kerkerfestung von Akka, heute ein Teil Israels, das damals zu Palästina gehörte, bringen sollte. Anfangs verachtet und gefürchtet wurde Bahá’u’lláh zum Ziel tiefer Verehrung und Respekt in der Region. Obgleich Er noch offiziell ein Gefangener war, verbrachte Er die letzten Jahre Seines Lebens in relativer Freiheit im Landhaus von Bahji, nahe Akka, wo Er im Jahre 1892 verschied und wo Seine sterblichen Überreste begraben sind. Dies ist nun für die Bahá’í Weltgemeinde der heiligste Ort auf Erden, der Ort, dem sich alle Gläubigen in ihrem Täglichen Gebet zuwenden.

„Diese geheiligten Spiegel…sind einer und alle die Vertreter Dessen auf Erden, Der das Zentralgestirn des Universums ist, seine Essenz und sein letztendlicher Zweck. Von Ihm geht Ihr wissen und Ihre Macht aus; von Ihm leiten Sie Ihre Souveränität ab.“
—Bahá’u’lláh
EIN GESCHICHTLICHER ABRISS 
Entwicklung zu einer Weltreligion (1892 – 1963)

Während einer Zeit großer Bedrängnis nach dem Hinscheiden Seines Vaters begann Abdu’l-Bahá, der älteste Sohn Bahá’u’lláhs, Sein ernannter Nachfolger und der Mittelpunkt Seines Bündnisses, die Arbeiten am Schrein des Báb, Dessen sterbliche Überreste viele Jahre lang vor den Behörden verborgen gehalten worden waren. Dies markierte den Beginn der Errichtung des Bahá’í – Weltzentrums auf dem Berge Karmel. Endlich befreit von den Einschränkungen Seiner Bewegungsfreiheit durch die jungtürkische Revolution im Jahre 1908 begann Abdu’l-Bahá eine Reihe von Reisen in den Westen, die Ihn in die Vereinigten Staaten und nach Kanada, sowie nach England, Frankreich, die Schweiz und nach Deutschland bringen sollte.

Er war der erste und größte Lehrer des Glaubens, der eingeladen wurde, öffentlich in Rathäusern, Kirchen und Synagogen zu sprechen.

„Wenn Euch ein Gedanke des Krieges überkommt, widersteht ihm mit einem stärkeren Gedanken des Friedens. Ein Gedanke des Hasses muss durch einen stärkeren Gedanken der Liebe zerstört werden.“
—‘Abdu’l-Bahá

Sein Einfluss auf die entstehende internationalistische Bewegung war beträchtlich und der erste Entwurf für die Charter des Völkerbundes wurde Abdu’l-Bahá mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt. Er verschied in Haifa im November 1921, und in Übereinstimmung mit Seinem Willen und Testament wurden die Sorge für und die Autorität über die nun schon größere und stärkere Weltgemeinde Seinem Enkel Shoghi Effendi übertragen.

Die heutige internationale und äußerst mannigfaltige Bahá’í-Gemeinde wendet sich auch dem Heiligen Lande um Führung und als einer Regierung zu, weil es dort ist, auf den Hängen des Berges Karmel in Haifa, nahe dem wunderschönen, mit einer goldenen Kuppel versehenen Schrein des Báb, dass der Glaube sein administratives Zentrum hat, wo das Universale Haus der Gerechtigkeit, die höchste gewählte Körperschaft der Bahá’í-Gemeinde, sich zu Beratungen versammelt.